Obwohl die Verschlüsselung in den letzten Tagen unter Beschuss geraten ist, ist sie immer noch unerlässlich für die private und sichere elektronische Kommunikation, insbesondere für Menschenrechtsverteidiger und Journalisten. EFF und unsere Partner haben kürzlich in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) für die Unverzichtbarkeit der Verschlüsselung argumentiert. 

In der Rechtssache Telegram Messenger LLP und Telegram Messenger Inc. gegen Russland weigerte sich das Unternehmen, das hinter der beliebten Messaging-App Telegram steht, dem russischen Bundessicherheitsdienst vertrauliche private Nutzerdaten zu übermitteln. Ein russisches Gericht verurteilte das Unternehmen daraufhin zu einer Geldstrafe und sperrte kurzzeitig den Internetzugang zu Telegram. Nach diesen Maßnahmen ersuchte Telegram den EGMR, Verstöße gegen sein Recht auf freie Meinungsäußerung, sein Recht auf ein faires Verfahren und sein Recht auf angemessene Rechtsmittel festzustellen. 

Die EFF und ihre Partner haben vor dem EGMR ein Amicus-Schreiben eingereicht, in dem sie den EGMR auffordern, verschlüsselte Online-Kommunikation zu schützen. Die elektronische Kommunikation ist längst zu einem der wichtigsten Wege geworden, um Informationen zu suchen und zu erhalten und sich an Aktivitäten und Diskussionen zu beteiligen, auch zu Themen von politischer und sozialer Bedeutung. Das Recht auf freie Meinungsäußerung steht auf dem Spiel, sowohl für die Personen, die verschlüsselte elektronische Nachrichtenanwendungen nutzen, als auch für die Intermediäre, die sie anbieten. 

Wie der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung in seinem Bericht 2015 feststellte, ist die Privatsphäre ein „Tor zur Meinungsfreiheit und freien Meinungsäußerung“. Verschlüsselung ist der Schlüssel zu freier und sicherer Kommunikation, insbesondere für Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Anwälte, Aktivist*innen und Dissidenten. Deshalb haben wir den EGMR aufgefordert, die Risiken für Internetnutzende in der Ukraine und Aktivist*innen in Russland zu prüfen, wenn ihre private Kommunikation oder ihre Identität im Zuge des aktuellen Konflikts an die russischen Behörden weitergegeben wird.

Schließlich betonten die EFF und ihre Partner, wie wichtig es ist, die Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einzuhalten. Die Anforderung von Schlüsseln für den Zugriff auf die Kommunikation aller Nutzenden, um auf die Kommunikation einer bestimmten Person zugreifen zu können, wird wahrscheinlich nicht als notwendig und verhältnismäßig erachtet. Ebenso wenig ist es verhältnismäßig, den Vermittler zu sperren, wenn er einer Anordnung, die verschlüsselte Nutzerkommunikation verlangt, nicht nachkommt. 

Das Schicksal dieses Falles und seiner Durchsetzung ist derzeit unklar. Russland wurde nach dem Einmarsch in die Ukraine aus dem Europarat ausgeschlossen. Die EFF und ihre Partner hoffen, dass der EGMR die Verschlüsselung als ein öffentliches Gut ansieht. Das Gericht sollte hohe Standards für jede Einschränkung der Meinungsfreiheit durch verschlüsselte elektronische Dienste aufrechterhalten.

Hier können Sie unseren vollständigen Bericht lesen:

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